
Die französischen Hochsavoyen bieten eine spektakuläre Kulisse für den Weinbau. Hier, an den Hängen und Ausläufern einiger der höchsten Berge Europas entstehen Weine von wahrem alpinen Charakter. Doch nicht nur das Panorama beeindruckt. Auch die Vielzahl an autochthonen Rebsorten und die Vielseitigkeit der Terroirs lädt ein zum Entdecken!
Die Anbauregion für den Vin des Savoie erstreckt sich über ein relativ großes, trapezförmiges Gebiet zwischen Genf und Thonon-les-Bains im Norden sowie Chambery und Albertville im Süden. Insgesamt rund 2100 ha Rebflächen werden in den Savoyen bewirtschaftet. Wie in so vielen anderen Weinregionen auch, waren es burgundische Zisterziensermönche, die den Weinbau im 13. Jahrhundert in die Region brachten. Bis in die 1950er Jahre hinein gab es allerdings in der Region nur wenige Betriebe, die sich voll und ganz auf die Produktion von Wein konzentrierten. Mischbetriebe, die neben Wein auch Obst und Getreide erzeugten waren eher die Regel.

Dies gilt auch für die Domaine Belluard. Sie liegt innerhalb der Ortschaft Ayse, im Herzen des Vallée d’Arve, zwischen Genf und Charmonix. Ayse beherbergt ungefähr 2% der Gesamtrebfläche der Savoyen. 1947 wurde die Domaine als Mischbetrieb von den Eltern des heutigen Besitzers, Dominique Belluard gegründet. 1988 übernahm Dominique das Gut und beschloss, sich allein auf die Produktion von Wein zu konzentrieren. Heute bewirtschaftet Belluard eine Gesamtrebfläche von 10 ha. Darunter befinden sich einige der ältesten Lagen der Region. Dominique konzentriert sich auf die lokale Rebsorte Gringet, von der weltweit insgesamt nur noch rund 20 ha angebaut werden. Ein Großteil davon befindet sich in den Weingärten der Domaine Belluard.
Gringet ist eine sehr alte Rebsorte. Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass sie bereits vor der Römerzeit in der Region verbreitet war. Lange wurde angenommen, dass sie ein Verwandtschaft zur Traminer-Familie aufweist. Dies konnte allerdings nach eingehenden Überprüfungen ihrer DNA ausgeschlossen werden.
Die Weinberge der Domaine befinden sich durchschnittlich auf 450 m Höhe, in alpinem Klima und komplett nach Süden hin ausgerichtet. Die Böden sind dominiert vom verwitterten Kalkstein des Massif Chablais. Vielerorts sind sie durchsetzt von kleinen Kieselsteinen sowie Sedimentgestein aus Ton und Kalksteinmolasse. Dies alles verdeutlicht, welch großen Einfluss ehemalige Gletscher auf die Terroirs der Region hatten.

Belluard ist ein Gegner der Monokultur. Er achtet mit großer Akribie darauf, dass sich seine Weingärten in die natürliche Umgebung eingliedern und keinen Fremdkörper für dort lebende Insekten und Mikroorganismen bieten. Gezielt bewahrt er Rückzugsräume für Kleinstlebewesen und legt Insektenhabitate an.
2001 entschied sich Dominique außerdem dazu, den Betrieb in eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise zu überführen. Für ihn ist der biodynamische Weinbau die einzig richtige Antwort auf die Gesetzmäßigkeiten des Lebens. Nachdem er zunächst jahrelang konventionellen Weinbau betrieb und auf Agrochemie sowie synthetische Dünger zurückgegriffen hatte, begriff er schließlich, dass dies nur zur Vergrößerung des Ungleichgewichts und zur Vertiefung seiner Probleme im Weinberg führte. Seither sieht Dominique seine Aufgabe vor allem darin, die oberen Bodenschichten mit den darin lebenden Mikroorganismen zu schützen, da dort die für die Pflanze wichtigsten Prozesse ablaufen. Viele Mikroorganismen machen durch ihre Arbeit überlebenswichtige Stoffe für die Reben überhaupt erst zugänglich. Geflechte von Pilzsporen ermöglichen die Kommunikation der Pflanzen untereinander. Dies sind entscheidende terroirbildende Faktoren. Eine Zerstörung dieses Lebensraums durch Herbizide, Pestizide oder Fungizide würde seinen Weingärten nachhaltigen Schaden zufügen.

95% der Rebfläche der Domaine Belluard sind mit Gringet bestockt. Bekannt ist Dominique für seine Schaum- und Stillweine gleichermaßen. Sein Einstiegsschaumwein namens Les Perles du Mont-Blanc stammt aus verschiedenen Weingärten rund um Ayse. Nach der manuellen Ernte werden die Trauben zunächst spontan vergoren, bevor sie in Edelstahltanks zum Sektgrundwein heranreifen. Nach der zweiten Gärung verbleibt der Wein für 24 Monate auf der Hefe in der Flasche, bevor er degorgiert wird. Er kommt ohne Dosage in den Handel.
Belluards Spitzenschaumwein Mont-Blanc stammt aus Parzellen an den Hängen des Chablais. Hier herrschen kalkhaltige von kleinen Kieselsteinen durchsetzte Böden vor. Der Mont-Blanc verbleibt sogar 36 Monate auf der Hefe, bevor er degorgiert wird. Auch hier verzichtet Dominique auf eine Dosage.
Belluard produziert auch zwei verschiedene stille Gringets. Les Alpes ist eine Cuvée aus verschiedenen Lagen. Die meisten von ihnen ebenfalls an den Hängen des Chablais. Nach der manuellen Ernte werden die Trauben für diesen Wein behutsam in einer pneumatischen Presse gepresst. Anschließend werden 60% des Mostes in Betoneiern vergoren. Die übrigen 40% kommen in Edelstahltanks. Nach Abschluss der Spontangärung werden die Weine dort über 10-12 Monate ausgebaut. Vor der Abfüllung werden sie wenn nötig minimalst filtriert. Dominique setzt seinen Weinen bei der Füllung maximal 30 mg/L SO2.
Der Spitzenwein der Domaine trägt mit Le Feu den Namen der Lage, in der er entsteht. Le Feu ist einer der hochwertigsten Weinberge der Savoyen. Er liegt an einem enorm steilen Hang (über 40% Neigung) auf 450 m Höhe in perfekter Südausrichtung. Die Reben hier wachsen auf roten eisenhaltigen Schieferböden auf einer Unterlage aus Kalk. Hier stehen einige der ältesten Gringet-Reben überhaupt. Ernte und Ausbau des Weins erfolgen in gleicher Manier wie beim Les Alpes.

Neben der Gringet baut Belluard auch eine kleine Menge an Altesse an. Diese Rebsorte ist überall in den Savoyen vertreten. Vor allem in den südlicheren Regionen liefert sie hervorragende Ergebnisse. Dominique nimmt mit dem Namen dieses Weins Bezug auf einen der höchsten Berge der französischen Alpen. Grandes Jorasses ist eine urwüchsige und ungewöhnliche Altesse. Im Gegensatz zu seinen südlichen Verwandten spiegelt dieser Wein alpine Frische und Klarheit perfekt wieder. Er ist gradlinig, kühl und elegant. Auf roten Mergelböden mit zahlreichen Eisenoxideinschlüssen entwickeln die Trauben eine enorme mineralische Dichte. Auch dieser Wein wird wie Les Alpes und Le Feu vinifiziert.
Eine echte Rarität ist der einzige Rotwein des Hauses. Hierbei handelt es sich um eine reinrebsortige Mondeuse, die über anderthalb Monate in vollem Maischekontakt in einer Tonamphore ausgebaut wurde. Dieser Wein bleibt gänzlich ungeschwefelt und wird ohne Schönung oder Filtration abgefüllt. Belluard sucht den Ausbau in der Amphore Transparenz und aromatische Klarheit, die ein Wein im Holzfass nicht erreichen würde. Nur so viel sei gesagt: dies gelingt ihm auch!
Dominique Belluard ist ein Ausnahmewinzer. Er produziert Weine in einer einzigarten Stilistik. Sie sind glasklar, präzise und tiefgründig. Trotz ihrer Spannung und Kraft ruhen sie in sich selbst und erzählen auf beeindruckende Art und Weise von ihrer Herkunft.